22/1/2020 0 Comments Blog #5 - Manila nach ShenzhenNach Manila Airport
Nochmals eine letzte Taxifahrt zum Flughafen. Da wird bestimmt nichts spannendes mehr passieren, dachte ich mir. Der Fahrer, selbst keine 30 Jahre alt, war aber gesprächig wie ein alter Fischverkäufer. Also packte ich, auf der Hinterbank sitzend, mein Laptop wieder in den Rucksack und beantwortete unaufgeregt seine etwa 79 Fragen. Meine höchste Aufmerksamkeit war verlangt, denn sein Englisch war nur sehr schwer verständlich. Wer sich jetzt aber bereits auf eine packende Geschichte mit einem weiteren philippinischen Taxifahrer gefreut hatte, der sehe sich hiermit offiziell von mir getäuscht. Weisse Haut Ausser vielleicht der noch erwähnenswerte, weil ungenügend getarnte, Verkupplungsversuch. Wollte er mir doch tatsächlich seine Nichte andrehen. Oder zumindest jemanden in dieser Art. Auf jeden Fall, an das hingegen mag ich mich noch genau erinnern, habe die Dame wunderschöne, weisse Haut. Sagte er. Mehrmals. Als er sich etwa zum fünften Mal nahezu gebetsmühlenartig wiederholte, versicherte ich ihm eben erneut, dass ich seine Worte längst verstanden hätte. Daraufhin zeigte er mir dann ein Foto auf seinem Smartphone - von ihr. Ich wünschte mir in diesem Moment nichts sehnlicher, als das er seine Augen wieder verstärkt auf den Asphalt und dessen darauf rollenden Räder und trabenden Hufen konzentrieren würde. Schlussendlich aber belobte ich dann doch die schöne, weisse Haut dieser Frau, hoffte aber insgeheim, dass die Sache damit beendet sei. Kaum ausgesprochen, folgte sogleich eine Live-Schaltung mit ihrer Mutter. Als ich die Situation dann endlich erkannte, rollten wir glücklicherweise schon beim Flughafenterminal ein. Man weiss selten, was Glück ist, aber man weiss meistens, was Glück war. Flugzeug voller Chinesen Zur Feier dieses Tages und auf Grund der Freude über das rege Interesses an meiner Person, erachtete ich diesen Moment als eine einmalige Gelegenheit, meinen Aufenthalt in den Philippinen bei einem guten vormitternachtlichen Nachtessen ausklingen zu lassen. Also spazierte ich, in Gedanken versunken über die Beinahe-Hochzeit, den zahlreichen Verpflegungsmöglichkeit in der riesigen Abflughalle entlang. Ich hielt nach Restaurants Ausschau, welche ich noch nicht kannte, auf der Karte ein möglichst gesundes Angebot zur Auswahl hatten und welche mich etwas inspirieren könnten. Bis ich sie vor mir sah. Die heiligen Eingänge von Jollibee. Also ging ich rein. Der Kater lässt das mausen nicht. Danach war es bereits Mitternacht. Das Flugzeug hob ab und mit mir ein ganzer Flieger voller Chinesen. Was mir dabei auffiel war, wie oft die Flight-Attendants zuvor durch den Catwalk in der Mitte patrouillieren mussten und die Passagiere dabei aufforderten, sich doch bitte anzuschnallen. Über die Sitze gepeilt schätzte ich, brauchten sie beinahe sieben Durchgänge. Immer wieder klickte es von Neuem. Erster Kontakt Der junge Chinese neben mir aber war demzufolge geradezu ein Paradebeispiel dafür, wie es eigentlich gehen müsste. In unserer Reihe gab es nämlich absolut keine Beanstandungen. Also entspannte ich mich, liess mich in den flauschigen (echt jetzt?) Sitz gleiten, und versank meine Gedanken in einer Biographie. Die Flugzeit von wenigen Stunden war perfekt dafür. Dann aber, etwa in der Mitte des Fluges, brach das Eis zwischen uns. Wir versuchten beide verzweifelt ein Gespräch miteinander aufzubauen. Sein Englisch aber war äusserst bescheiden. Von meinem Chinesisch wollen wir schon gar nicht reden. Bei der Frage woher ich komme, blieben wir dann definitiv stecken. Bei der Antwort „Switzerland“ merkte ich wie es in seinem Kopf ratterte. Und ratterte. Ich konnte es förmlich hören. Irgendwie konnte er das Land einfach nicht richtig zuordnen. Auch die Nachbarländer schienen keinen Funken in ihm zu zünden. Italy? Germany? Switzerland Dann kam mir ein Geistesblitz. Ich warf das Chinesischen Wort für „Schweiz“ in die Runde: „Ruischi“. Noch in der gleichen Sekunde haute es ihn aus dem Sitz. Wäre er nicht angeschnallt gewesen, es hätte ihn an die Flugzeugdecke geknallt. Alle Lichter gingen an. Er verbeugte sich sitzend. Mit sowas hatte er nicht gerechnet. Ich eigentlich auch nicht. Daraufhin folgte die Lobeshymne über die Schweiz. Die Berge, die Luft, die Kühe… Ich konterte diese dann mir meiner Euphorie über China. Das unfassbare Wirtschaftswachstum, das Essen (RIP meine Nase), die reiche Kultur. Kurz nach der Landung und noch im Flugzeug, folgte das obligatorisches Selfie und der Austausch der Nummern für "WeChat", das chinesische Whatsapp. Menschentraube Um ca. 3:00 Uhr dann betrat ich definitiv chinesischen Boden. Die Einreise war kein Problem. Ein paar Fingerabdrücke hier und da. Fertig. Um ehrlich zu sein, man musste die ganze Hand einscannen. Also, beide Hände. Die Daumen dann auch noch - separat. Und das Gesicht - bitte lächeln (stimmt nicht) - auch. Allerdings lief alles speditiv in weniger als drei Minuten. Und alles komplett ohne anstehen zu müssen. Dann aber, kurz vor dem Ausgang, musste man das Gepäck nochmals röntgen. Weil nur eine Röhre geöffnet war, bildete sich davor eine lange Menschentraube. Als ich ankam, war ich der Hinterste. Hinter mir folgten weitere Chinesen. Ich schaute kurz auf den Boden und dann wieder hoch. Als ich erneut einen Blick nach hinten warf, war ich immer noch der Letzte. Das muss man erstmal verdauen. Taxigeschichte #1 in China Um ca. 04:00 Uhr schaffte ich es noch, direkt im Flughafen eine Sim-Karte zu kaufen. Schliesslich musste ich danach für die Schlüsselübergabe mit der Vermieterin der Unterkunft Kontakt aufnehmen. Noch innerhalb der Hallen vom Flughafen kamen mehrere Chinesen wortwörtlich angerannt. Und alle wollten sie mich in ein Taxi locken. Bei den ersten drei Vermittlern wedelte ich noch höflich ab. Als ich andere Touristen sah, die auf die Angebote eingingen, verhandelte ich mit dem Vierten. Bei diesem eklatanten Überangebot an Taxis schien mir die „Angebot/Nachfrage-Situation“ relativ günstig auf meiner Seite zu liegen. Ich drückte den offerierten Fahrtpreis um rund 50% nach unten und klopfte mir dabei später selbst auf die Schulter. Nur widerwillig willigte der Taxi-Vermittler dazu nämlich ein. Zu diesem Preis, so die neuen Konditionen, könne ich aber nicht ein Taxi für mich alleine haben. Als wir dann in schnellen, chinesischen Schritten aus dem Flughafen hinaus in Richtung einer Seitenstrasse marschierten, näherte ich mich offensichtlich dem wartenden Zielfahrzeug. Alles geschah in atemberaubendem Tempo. Beim Chinesen war nicht ein Hauch von Müdigkeit zu erkennen. Der Kofferraum wurde mir aufgerissen. Also warf ich mein Gepäck in ähnlicher Hektik rein. Keine Zeit verlieren. Kofferraum zu. Ich, linke Hintertür auf. Platz besetzt. Ich, rückwärts, im Marschschritt erneut am Kofferraum vorbei, zur rechten Hintertür. Tür auf. Platz auch besetzt. Also liess ich mich neben dem Fahrer auf dem Beifahrersitz nieder. Was auf der Rückbank sass war aber nicht ein Chinese, auch nicht zwei, sondern drei. Das Auto war voll mit Chinesen. Englisch sprach Keiner. Kein Wort. Aber das Zielort habe ich trotzdem erreicht.
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Wer ich bin?Mein Name ist Andrin. Ich komme aus der Schweiz und stehe durchschnittlich zwei mal pro Jahrzehnt vor tektonischen Veränderungen in meinem Leben. |