Letzter Tag auf den Philippinen Es ist nun bereits der letzte Tag von meinem Aufenthalt in Manila. Um Punkt Mitternacht dann sollte der Flieger nach Shenzhen (China) fliegen. Doch gerade in den letzten beiden Wochen habe ich ein ganz anderes Manila kennengelernt. Die Entscheidung, damals, am aller ersten Montag vom Aufenthalt, effektiv aus meinem Elfenbeinturm zu steigen und mich in einem Co-working Büro in Makati (Metro Manila) niederzulassen war die wohl beste Entscheidung von diesem Jahr. Ich habe über 10 neue Personen kennengelernt. Darunter ein Game-Designer, ein Software-Engineer und ein Suchmaschinen-Optimierer. Dazu knüpfte ich Bekanntschaften mit einigen Leuten aus verschiednen Marketingabteilungen. Viel wichtiger aber; ich glaube ich habe einige neue Freunde gefunden. Wie alles angefangen hat... Angefangen hat alles mit einer simplen Suchanfrage in der Datenkrake "Google". Coworking war dabei das Schlüsselwort. So simpel das nun klingt, so eindeutig waren die Resultate. Auf der Karte zeigten nahezu alle Suchanfragen nach "Makati". Makati gehört zur Metropolregion um die Stadt Manila. Per Taxi ist die Stadt in etwa 30 Minuten erreichbar. Hier reihen sich Hochhäuser an Hochhäuser. Hier spielt das Leben. Makati ist ein riesiger Business-Distrikt und die wirtschaftliche Lebensader der Stadt mit tausenden Restaurants und zahlreichen Einkaufsmöglichkeiten. WeWork Also verglich ich sämtliche Websites der verschiedenen Co-working-Anbieter. Diese offerieren alle in etwa dasselbe. Meist sind das Arbeitstische und eine schnelle Internetverbindung. WeWork, als Beispiel, hat über 600 Standorte auf der ganzen Welt und ist 24 Stunden am Tag geöffnet. Dabei kümmern sie sich um alles rund ums Büro. Sie nehmen bei bedarf die Post entgegen, sorgen dafür, dass die Drucker immer funktionieren, die Meeting-Räume sauber sind und der Internetverbindung nicht der Schnauf ausgeht. Perfekt für Startup's, welche schnell wachsen, laufend neue Mitarbeiter einstellen und sich auf das Kerngeschäft und nicht die Bürovergrösserung fokussieren wollen. Cornflakes mit Sojamilch Natürlich bietet WeWork auch ein Netzwerk von Mentoren und ein kleines Rahmenprogramm an Events nach oder während der Arbeit. Am ersten Montag traf man sich zu etwas Cornflakes, Sojamilch und Fruchtsalat. Gestern Abend, als Beispiel, sah ich im Augenwinkel (und später im Ohrenwinkel) eine Whiskey-Degustation vonstattengehen. Spannend wird es jeweils am Mittag, wenn sich der Eingang zum Büro und der Verpflegungsbereich in ein wahres Bienenhäuschen verwandelt. Dann packen die Asiaten ihre Nudeln und Reisgerichte aus und schlingen diese runter als gäbe es kein Morgen. Das in der mittäglichen Euphorie noch niemand die Topfpflanze angeknabbert hat, gleicht einem kleineren Wunder. Laufende Nase: Beim Stichwort Essen juckt direkt wieder meine Feder. Hier gibt es traditionell einiges zu erzählen. Eine erste Randnotiz, welche ich gerne preisgeben möchte, ist die folgende: "Gustatorische Rhinitis." Oder in normal-sterblicher Sprache: "Nasenlaufen beim Essen". Was bei mir vor einigen Jahren fies-schleichend nur bei scharfem Essen angefangen hat, ist heute ein fester Bestandteil meiner Nahrungsaufnahme. Meine Nase läuft, wann immer ich etwas (grösseres) esse. Um so schärfer und würziger das Essen ist, um so stärker tropft die Nase. Also habe ich erneut die Datenkrake um Hilfe gebeten und den Beschreib von folgendem Symptom gefunden: "In Zusammenhang mit dem Essen. In einigen Fällen, aber nicht ausschliesslich, scharfe oder würzige Nahrungsmittel." Doktor Google lieferte also einen direkten Volltreffer aber ohne befriedigenden Lösungsvorschlag. In Anbetracht des voraussichtlich scharfen und würzigen Essens in China wird das ein fliessender Aufenthalt in China. Keine Messer Noch bin ich nahrungstechnisch nämlich noch nicht in China. Klar, Reis und Nudeln gibt es auch hier zuhauf. Aber die philippinische Küche ist nicht besonders scharf und gelinde gesagt auch etwas eigen. Mit "Greenwich" habe ich nämlich einen ernsthaften Jollibee Konkurrenten gefunden. Auch dieser serviert sowohl Reis, Poulet, Spaghetti und Pizza auf ein und demselben Teller. Nase läuft. Eine andere Kuriosität betrifft das Besteck. Wo immer man Essen geht, bekommt man in der Regel lediglich eine Gabel und einen Löffel. Ein Messer sucht man dabei vergebens. Während ich in klassischen Restaurants anfangs noch an etwas häufig auftretende "Versehen" vom Servicepersonal glaubte, schob ich die Schuld für fehlende Messer bei den grossen Fastfood-Ketten auf potentielle Sparmassnahme oder gar allfällige Sicherheitsbedenken. Keines davon ist wahr. In den Philippinen scheint es ziemlich üblich zu sein ohne Messer zu essen. Was nicht gerade als Steak daher galoppiert kommt, lässt sich auch mit einer Gabel oder einem Löffel teilen. Den Praxistest habe ich freiwillig oder unfreiwillig unterdessen doch schon mehrfach absolviert. Wie man korrekt Jeepney fährt Topfpflanzen können nicht klüger werden, Menschen schon. Also habe ich bei meinen lokalen Informanten vor Ort nachgefragt und unterdessen herausgefunden, wie man korrekt mit den bunten Jeepney's fährt. Ich nimm's vorweg: Die Dinger halten effektiv überall. Wenn es sein muss, durchaus auch in Kurven oder mitten in Kreuzungen. Am Strassenrand macht man dabei ein Handzeichen zum Fahrer, sendet noch überhastet ein Stossgebet in den Himmel, rennt über sämtliche Fahrspuren und zwischen unzähligen Motorhauben hindurch zum Fahrzeug - und steigt ein. Wenn alles normal läuft - ist es bereits voll. Wenn alle zusammenrücken, passt man aber bestimmt noch rein. Lokaler Informanten-Tip: Auch der Fusstritt am Heck hat eine Daseinsberechtigung. Also habe ich es ausprobiert. Im Jeepney selbst ist es so eng, dass man kaum nach vorne kommt. Es gibt nur zwei seitliche Sitzbänke - eine Bank auf der linken Seite und eine Bank auf der rechten Seite. In den Gang in der Mitte passt kaum eine Topfpflanze. Das Geld lässt man nach vorne zum Fahrer reichen. Kein Witz. Alle Passagiere helfen dabei mit. Fahrscheine oder Tickets gibt es keine. Wo man gedankt wieder auszusteigen, ruft man einfach nach vorne. Dann, etwas später, nachdem das Geld durch etwa sechs philippinische Hände nach vorne zirkuliert wurde, erreicht es effektiv auch den Fahrer, welcher mit hoher Wahrscheinlichkeit gerade einem Töff oder dem Pferd ausweicht. Ab diesem Punkt ist man also offiziell ein Fahrgast. Im Fahrtwind auf Jollibee-Safari Vorbei geht es an bezaubernden, doppelstöckigen Beton-Strassenbauten und mit Ventilatoren-vollbepflasterten Blockbauten. Der Smog lässt die Haare im Fahrtwind flattern. Nach drei erzwungenen Notbremsen (leicht dramatisiert), mindestens 19 Spurwechseln (nicht dramatisiert) kommt die erste grosse Überraschung: Das Rückgeld kommt daher gereicht. Das hätte ich komplett vergessen. Die zweite Überraschung ist mir ebenfalls entfallen. Und die dritte auch. Es könnte aber das Pferd sein, welches beim Halt an einem Rotlicht sein Kopf durch die Seitenöffnung vom Jeepney streckte und nach dem Rechten schaut. Ist so leider noch nicht passiert, darum springe ich nun direkt zum Schluss der Reise. Halten kann man die Dinger mit einem "Parra! Parra!"-Ruf in Richtung des Fahrers. Möglicherweise wäre es aber noch wichtig, direkt nach dem "Halt!-Halt!"-Ruf nochmals ein Stossgebet in den Himmel zu jagen. Man weiss ja nie, auf welcher Spur der Jeepney dann effektiv auch anhält und vor allem was dabei dahinter noch angerollt oder angaloppiert kommt. Viel Zeit zum Aussteigen hat man nämlich nicht. Der Fahrer stoppt seinen Jeep in der Regel nur für wenige Sekunden. Als ich dann wie ein gefederter Frosch, vollgeschwitzt und mit krummem Rücken das Fahrzeug verliess, wurde mir wieder bewusst wie toll die Grab-Taxi Geschichten eigentlich sind. Darum folgt hier gleich nochmals eine: Grab-Taxi #4 Der Frosch ist dabei ein gutes Stichwort. Als ich am nächsten Morgen nämlich erneut ein Grab-Taxi zu meiner Unterkunft beorderte, staunte ich nicht schlecht als nach jeder Richtungsanweisung vom Navigationsgerät ein Frosch-ähnliches Quaken ertönte. Schnell wurde mir klar, dass mich hier ein kleiner Witzbold aufgeladen hatte. Dieser wollte sein Navi und damit die Fahrt mit dieser Einstellung etwas unterhaltsamer machen. Nicht mehr zum Quaken zumute war es ihm aber, als er buchstäblich mitten auf einer der grössten Kreuzungen der Stadt zum Stehen gekommen ist. Eigentlich wollte er mit den vorderen Fahrzeugen noch durchrollen. Das Lichtsignal war dabei höchstwahrscheinlich längst auf Rot geschaltet. Offensichtlich hatte er aus unerklärlichen Gründen dann aber den Anschluss zu den vorderen Fahrzeugen verloren. Das war verheerend. Eine Lücke bildete sich. Gleichzeitig rollte seitlich bereits die neue Verkehrswelle an. Diese bedrängte ihn nun von allen Seiten und schloss die Lücke sogleich. Also standen wir buchstäblich MITTEN in der Kreuzung. Den pfeifenden Tinnitus der hupenden Lastwagen hatte ich noch stundenlang im Ohr. Dann aber standen plötzlich drei Polizisten auf der Fahrerseite. Nur widerwillig liess mein Fahrer das Fenster hinunter. Dann schäumte er vor Wut. Die Lebensfreude hatte sich zu diesem Zeitpunkt bereits im Teich aufgelöst. Wie nahe er an einem Strafzettel vorbeischlitterte, merkte ich an der Gestik, dem Schweiss auf der Stirn, dem Geschrei aller beteiligten, sowie an seinem hochroten Kopf. Auch diese Geschichte endete glücklich für uns. Nach meiner Frage, ob da möglicherweise noch eine Busse ins Haus flattern könnte, meinte er aber zuversichtlich "nein" - und lachte dabei schelmisch. Anschliessend liessen wir uns vom Navigationsgerät weiter durch die verstopften Strassen zum Zielort quaken.
0 Comments
Leave a Reply. |
Wer ich bin?Mein Name ist Andrin. Ich komme aus der Schweiz und stehe durchschnittlich zwei mal pro Jahrzehnt vor tektonischen Veränderungen in meinem Leben. |